Die Vision von 1856

Nahrung für Würmer, von Plagen getroffen oder bis zur Wiederkunft Jesu leben?

Von Arthur L. White, übersetzt von Thomas Eißner
Original: https://ellenwhite.org/content/file/regarding-some-food-worms-statement

Bei dieser Frage geht es um eine Aussage in dem Buch Christus kommt bald (engl. Last Day Events) auf S. 27 unten (engl. p.36). Unter der Überschrift „Ellen Whites Naherwartung“ berichtet die Autorin: „Mir wurde eine Gruppe gezeigt, die bei der Konferenz anwesend war. Der Engel sagte: ‚Einige werden Nahrung für die Würmer werden, einige werden von den sieben letzten Plagen getroffen werden, einige werden lebend auf der Erde bleiben, um beim Kommen Jesu verwandelt zu werden.‘ Das Zitat kommt ursprünglich aus Testimonies for the Church I, S.131.132 (1856).

Ellen White bekam diese Vision im Zusammenhang mit einer Konferenz, die Ende Mai 1856 in Battle Creek stattfand. Man hatte dieses Treffen sehr weitläufig beworben und so kamen Teilnehmer aus anderen US-Bundesstaaten und aus Kanada. Die Konferenz begann am Freitagnachmittag, den 23. Mai, und ging bis Montag, den 26. Mai. Es waren so viele Besucher gekommen, dass man am Sabbat das Kirchengebäude verlassen musste und sich auf der anderen Straßenseite in einem Zelt versammelte, das für diesen Zweck errichtet worden war.

Am Dienstagmorgen, den 27. Mai, fand in der Kirche ein weiteres Treffen mit den Arbeitern von Battle Creek statt. Bei dieser Versammlung erzählte Ellen White ihre Vision. Nun wird behauptet, dass die „bei der Konferenz“ gemeint sind, nicht diejenigen von dem Treffen zu der Zeit, als die Vision weitergegeben wurde. Aber bei der Konferenz wurden dazu keine Aufzeichnungen gemacht. Viele Jahre nach diesem denkwürdigen Treffen wurde eine Liste von den Personen zusammengestellt, die an dem Tag im Raum waren, als die Vision erzählt wurde. Heute ist keiner mehr am Leben, der dieses Treffen besucht hat.

Sind die Worte des Engels, die Ellen White in der Vision gehört hat, nicht eingetroffen? In diesem Zusammenhang möchte ich ein paar Vorschläge machen. Wir sollten im Auge behalten, dass eine der Eigenschaft Gottes seine Langmut [oder Geduld, engl. forbearance] ist. Es ist sein Wille, dass Menschen gerettet werden und durch Seine Langmut hat es Fälle gegeben, wo sich bestimmte Prophezeiungen nicht erfüllt haben. Es gab auch Situationen, wo gegebene Versprechen sich nicht erfüllt haben, weil die Menschen ungehorsam waren. Darüber hinaus ist es ein bekanntes Prinzip, dass positiv formulierte Vorhersagen manchmal verzögert oder verändert werden durch die Haltung des Volkes Gottes. Der Prophet Jeremia hat es so ausgedrückt:

Und ein anderes Mal rede ich über ein Volk oder Königreich, dass ich es bauen und pflanzen will; wenn es aber das tut, was böse ist in meinen Augen und auf meine Stimme nicht hört, so reut mich auch das Gute, das ich mir vorgenommen hatte, ihnen zu tun. (Jeremia 18,9-10 Schl2000)

Ein deutliches Beispiel dieses Prinzips, wie Gott mit Menschen umgeht, ist die Stadt Ninive. Nichts kann deutlicher sein als die Zeitweissagung von Jonah: „Noch 40 Tage, und Ninive wird zerstört“ (Jona 3,4). Die Umkehr der Menschen von Ninive jedoch hat das Gericht Gottes für eine Zeit abgewandt, auch für die nächste Generation, doch dann kam es und Ninive wurde komplett zerstört. Diese Fakten beweisen nicht, dass Jona ein falscher Prophet war oder dass er seine Botschaft nicht von Gott erhalten hatte. Dieser Gedanke wird in einer Aussage von die Ellen White aus dem Jahr 1901 deutlich:

Sie [die Wiederkunft des Herrn] wird nicht über die Zeit verziehen, sobald die Botschaft zu allen Nationen, Sprachen und Völkern gebracht ist. Sollen wir, die wir behaupten, die Propheten zu erforschen, vergessen, dass Gottes Nachsicht mit den Gottlosen ein Teil des gewaltigen und gnädigen Planes ist, durch den er bemüht ist, die Errettung von Seelen zu bewirken? (Review and Herald, 18. Juni 1901; Evangelisation, S.615)

In unserer Zeit hat Gottes Volk Gottes Werk noch nicht zu Ende geführt. Die guten Dinge, die empfangen werden könnten, liegen noch in der Zukunft. Statt sich heute im Sieg auszuruhen, müssen sie noch ein wenig länger arbeiten, bis Gottes Ziel erreicht ist. Durch denselben Boten, der 1856 die baldige Wiederkunft unseres Erlösers gezeigt hat, sprach unser Kapitän wiederholt über die Untreue der Gemeinde und der daraus folgenden Verzögerung seines Kommens.

Wenn diejenigen, die meinen, sie hätten eine lebendige Erfahrung in den Dingen Gottes, das ihnen aufgetragene Werk getan hätten, wie der Herr sie beauftragt hat, dann wäre die ganze Welt davor gewarnt worden und der Herr Jesus wäre in großer Kraft und Herrlichkeit wiedergekommen. (Review and Herald, 6. Okt 1896)

Wäre Gottes Plan, der Welt die Botschaft der Barmherzigkeit zu verkündigen, von seinem Volk umgesetzt worden, wäre Christus schon früher zur Erde wiedergekommen und man hätte die Heiligen bereits in der Stadt Gottes begrüßen können. (Testimonies for the Church VI, S.450; Ratschläge für die Sabbatschule, S.114)

Ich weiß, dass, wenn das Volk Gottes eine lebendige Verbindung zu Gott behalten und seinem Wort gehorcht hätte, so wäre es heute im himmlischen Kanaan. (General Conference Bulletin, 30. März 1903; Evangelisation, S.613)

Hätte jeder Wächter auf der Mauer Zions mit der Posaune einen deutlichen Ton gegeben, dann würde die Welt schon eher die Warnungsbotschaft vernommen haben. Aber das Werk ist weit hinter der Zeit zurück. Während die Menschen schliefen, hat Satan die Gelegenheit benutzt, uns zuvorzukommen. (Zeugnisse, Bd. 3, S. 255; Testimonies, Bd. 9, S. 29, 1909; Evangelisation, S. 613)

Die lange Nacht der Dunkelheit ist anstrengend, aber aus Gnade verzögert sich die Ankunft des Morgens, denn viele würden unvorbereitet gefunden werden, wenn der Meister käme. Gottes Abneigung gegen das Verderben seiner Kinder war der Grund für die lange Verzögerung. (Testimonies, Bd.2, S. 194, 1868; Evangelisation, S.613)

Dass die Gemeinde durch ihre Haltung und durch ihren Fleiß die Wiederkunft Jesu beschleunigen kann, wird in 2. Petrus 3,12 gesagt. „Entgegeneilen“ bzw. „beschleunigen“ ist die Übersetzung des gr. Verbes „speudo“, woraus das engl. Wort „speed“ = Geschwindigkeit abgeleitet wird. So sagt Ellen White in Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift:

Durch die Verkündigung des Evangeliums liegt es in unserer Macht, Christi Wiederkunft zu beschleunigen. Wir sollen nicht nur auf sie warten, sondern der Zukunft des Herrn entgegeneilen. 2.Petrus 3,12. Hätte die Gemeinde Christi das ihr aufgetragene Werk nach seinem Willen ausgeführt, dann würde die Welt längst gewarnt worden sein und der Herr wäre mit großer Kraft und Herrlichkeit schon auf diese Erde gekommen. (DA 633, 634 (1898); Das Leben Jesu, 631)

Im Jahr 1883 weist Ellen White darauf hin, dass Gottes Propheten immer von einer kurzen Zeit gesprochen haben:

Kann man mir eine Irreführung unterstellen, nur weil alles länger währt, als aus meinen Zeugnissen herauszulesen schien? Wie steht es denn mit den Zeugnissen Christi und seiner Jünger? Haben auch sie sich getäuscht?

Paulus schreibt an die Korinther: „Die Zeit ist kurz. Fortan sollen auch die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine; und die weinen, als weinten sie nicht; und die sich freuen, als freuten sie sich nicht.“ 1.Korinther 7,29.30.

In seinem Brief an die Römer sagt er: „Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ Römer 13,12.

Und von Patmos aus spricht Christus zu uns durch seinen geliebten Jünger Johannes: „Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe.“ Offenbarung 1,3. „Der Herr, der Gott des Geistes der Propheten, hat seinen Engel gesandt, zu zeigen seinen Knechten, was bald geschehen muss. Siehe, ich komme bald. Selig ist, der die Worte der Weissagung in diesem Buch bewahrt.“ Offenbarung 22,6.7.

In ihren Botschaften an die Menschen stellen die Engel Gottes die Zeit als sehr kurz dar. Genauso wurde es auch mir stets gezeigt. Es ist wahr, dass inzwischen mehr Zeit verstrichen ist, als wir in den Anfangstagen der Botschaft angenommen hatten. Unser Erlöser kam nicht so bald, wie wir gehofft hatten. Aber heißt das, dass Gottes Wort nicht wahr ist? Niemals! Wir sollten uns bewusstmachen, dass Gottes Versprechen genauso an Bedingungen geknüpft sind wie seine Strafandrohungen.

Gott hatte seinem Volk auf Erden eine Aufgabe übertragen, die erledigt werden sollte. Die Botschaft des dritten Engels sollte übermittelt werden. Die Gläubigen sollten auf das himmlische Heiligtum hingewiesen werden, in das Christus eingetreten war, um sein Volk zu versöhnen. Die Reform des Sabbats sollte vorangetrieben, die Lücke im Gesetz Gottes geschlossen werden. Die Botschaft muss laut und deutlich verkündet werden, damit alle Bewohner der Erde die Warnung hören können. Gottes Volk muss sich reinigen, indem es gehorsam zur Wahrheit hält. Es muss sich vorbereiten lassen, damit es bei seiner Wiederkunft fehlerlos vor dem Herrn stehen kann.

Wenn die Adventisten nach der großen Enttäuschung von 1844 an ihrem Glauben festgehalten und Einigkeit bewahrt hätten, wenn sie weiter vorangegangen wären, während sich die Vorsehung Gottes vor ihren Augen entfaltete, wenn sie die Botschaft des dritten Engels angenommen und in der Kraft des Heiligen Geistes an die Welt weitergegeben hätten — dann hätten sie die Erlösung durch Gott bereits erlebt. Dann hätte der Herr mächtig durch sie und mit ihnen zusammen gewirkt, das Werk wäre vollendet worden, und Christus wäre längst gekommen, um sein Volk zu belohnen.

Aber in den Tagen des Zweifels und der Verunsicherung, die auf die Enttäuschung folgten, gaben viele Adventgläubige ihre Hoffnung auf. Es kam zu Meinungsverschiedenheiten und Spaltungen. Die Mehrheit wandte sich mündlich und schriftlich gegen die wenigen, die der Vorsehung Gottes folgten, die Sabbatwahrheit akzeptierten und begannen, die Botschaft des dritten Engels zu verkündigen. Viele, die ihre Zeit und ihre Fähigkeiten für das eine Ziel hätten einsetzen sollen, die Welt zu warnen, waren vollauf damit beschäftigt, die Lehre vom Sabbat zu bekämpfen. Das führte notgedrungen dazu, dass die Verkündiger des Sabbats in erster Linie auf die Sabbatgegner eingingen und die Wahrheit verteidigten. Dadurch aber wurde das Werk behindert, und die Welt blieb im Dunkel. Hätten alle Adventgläubigen Einigkeit bewahrt, um die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus zu halten, wie anders wäre unsere Geschichte verlaufen!

Gott wollte nicht, dass Christi Wiederkunft so verzögert würde. Gott hatte auch nicht geplant, sein Volk Israel vierzig Jahre durch die Wüste ziehen zu lassen. Er hatte versprochen, sie unmittelbar ins Land Kanaan zu führen und sie dort als ein heiliges, gesundes, fröhliches Volk anzusiedeln. Aber die Israeliten, denen dies zunächst versprochen worden war, gelangten nicht nach Kanaan „wegen des Unglaubens“. Hebräer 3,19. Sie waren unzufrieden, rebellisch und hasserfüllt, und deshalb konnte Gott sein Versprechen, das er ihnen gegeben hatte nicht einlösen.

Vierzig Jahre lang schlossen Unglaube, Unzufriedenheit und Auflehnung das alte Israel aus dem Land Kanaan aus. Der Einzug des heutigen Israel ins himmlische Kanaan ist durch dieselben Sünden verzögert worden. Dennoch hat Gott in beiden Fällen kein falsches Versprechen gegeben. Schuld sind Unglaube, Weltlichkeit, mangelnde Hingabe und Streitigkeiten unter den Menschen, die sich als Gottes Volk betrachten. Dies alles hat uns so lange in dieser Welt der Sünde und der Sorge festgehalten. (Selected Messages 1, P.67-69; Für die Gemeinde geschrieben, Band 1, S.70-72)

In einem Brief schrieb Ellen White am 7. Dezember 1901:

Wir mögen aufgrund von Auflehnung und fehlender Hingabe noch viele Jahre auf dieser Welt zu bleiben haben, so wie es beim Volk Israel war; aber um Christi willen sollte sein Volk nicht Sünde auf Sünde häufen, indem es Gott die Schuld für die Konsequenzen des eigenen Fehlverhaltens zuschiebt.“ (Brief 184, 1901; Evangelisation, 615)

Selbst wenn die Verzögerung der Wiederkunft Christi, die durch die Faulheit und Trägheit des Volkes Gottes verursacht wird, länger dauern sollte, als wir denken, würde dies im Einklang mit den obigen Prinzipien weder die Botschaft noch den Botschafter Gottes diskreditieren. Wir mögen fragen: Ist das Volk Israel damals ins verheißene Land gekommen? Ja, tatsächlich! Wird das heutige Israel in himmlische Kanaan kommen? Ja, wird es, auch wenn es noch eine Weile dauert!

Anbei ist die Kopie eines Artikels von Ellen White, abgedruckt in Review and Herald, 22. März 1892 (Für die Gemeinde geschrieben, Band 1, 196-201). Er scheint angebracht, dass wir diesen Artikel im Zusammenhang mit der aufgeworfenen Frage lesen:

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„Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen“

(Predigt, gehalten in Lansing, Michigan, am 5. September 1891)
„Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. Und als er mit ihnen zusammen war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mir gehört habt; denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen. Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat.“ Apostelgeschichte 1,3-7.

Die Jünger wollten unbedingt genau wissen, wann das Reich Gottes errichtet werden würde; aber Jesus sagte ihnen, sie könnten den Zeitpunkt nicht wissen, denn der Vater habe es ihnen nicht offenbart. Sie brauchten ganz einfach nicht zu wissen, wann Gottes Reich errichtet werden würde. Das war für sie von untergeordneter Bedeutung. Sie sollten lediglich dem Herrn nachfolgen, beten, warten, wachen und arbeiten. Sie sollten der Welt das Wesen Christi vor Augen führen. Das war in den Tagen der Jünger entscheidend für ein erfolgreiches Christenleben und ist es heute nicht weniger. „Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird.“ Apostelgeschichte 1,7.8. Und was sollten sie tun, nachdem sie die Kraft des heiligen Geistes empfangen hatten? „Ihr … werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ Apostelgeschichte 1,8.

Macht euch die Gelegenheiten zunutze, die sich jetzt bieten

Das ist die Aufgabe, an der auch wir arbeiten sollen. Anstatt nur auf besonders aufregende Zeiten zu warten, sollen wir die Gelegenheiten, die sich uns heute bieten, weise nutzen und tun, was zu tun ist, um Menschen zu retten. Anstatt unsere Verstandeskräfte darauf zu verschwenden, über Zeit und Stunde zu spekulieren, die der Herr ganz allein festgelegt hat und den Menschen nicht offenbart, sollen wir uns unter die Leitung des Heiligen Geistes stellen. Wir sollen das tun, was jetzt unsere Pflicht ist: das Brot des Lebens an Menschen austeilen, die sich nach Wahrheit sehnen, und es nicht durch persönliche Ansichten verfälschen.

Satan ist ständig bereit, uns Theorien und Berechnungen aufzudrängen, die von der Wahrheit für unsere Zeit ablenken und verhindern, dass wir die Botschaft des dritten Engels an die Welt weitergeben. Das ist schon immer so gewesen. Auch unser Retter musste oftmals Menschen tadeln, die sich mit Spekulationen abgaben und andauernd nach Dingen fragten, die der Herr nicht offenbart hatte. Jesus war auf die Erde gekommen, um den Menschen eine wichtige Wahrheit mitzuteilen. Er wollte, dass sie die Notwendigkeit erkannten, seine Gebote und Anweisungen zu hören, zu befolgen und zu tun, was gerade getan werden musste. Er sagte ihnen immer das, was sie sofort bzw. in ihrem Alltag brauchen konnten.

Jesus sagte: „Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ Johannes 17,3. Bei allem, was er tat und sagte, hatte er dieses eine Ziel vor Augen: Menschen die Wahrheit zu sagen, damit sie das ewige Leben erlangen konnten. Jesus kam nicht, um die Menschen mit einer großartigen Ankündigung einer besonderen Zeit zu beeindrucken, zu der ein gewaltiges Ereignis stattfinden würde. Er kam, um die Verlorenen zu unterweisen und zu retten. Er kam nicht, um Neugier zu wecken und zu befriedigen. Er wusste, dass dadurch der Appetit auf Merkwürdigkeiten und Wunderdinge nur noch gesteigert werden würde. Es war sein Ziel, Wissen zu vermitteln, das die Menschen geistlich stärken und ihren Gehorsam sowie ihren Heiligungsprozess fördern würde. Er gab nur Anweisungen, die für ihr tägliches Leben brauchbar waren, und vermittelte nur Lehren, die, an andere weitergegeben, genauso zweckmäßig waren.

Er offenbarte den Menschen nichts Neues, aber er öffnete ihr Verständnis für alte Lehren, die seit langem durch die Priester und Rabbiner verdreht oder in einen falschen Zusammenhang gebracht worden waren. Jesus stellte diese kostbaren göttlichen Lehren wieder so richtig, wie sie den Patriarchen und Propheten vermittelt worden waren. Und nachdem er den Jüngern diese wichtigen Anweisungen gegeben hatte, versprach er, ihnen den Heiligen Geist zu senden, der sie an alle Dinge erinnern sollte, die er ihnen mitgeteilt hatte.

Wir stehen ständig in der Gefahr, uns über die Einfachheit des Evangeliums zu erheben. Viele möchten sehr, sehr gern die Welt mit etwas Originellem aufschrecken, das die Menschen in eine Art geistliche Ekstase versetzen und den jetzigen Grad ihrer Erfahrung verändern soll. Sicherlich ist eine solche Veränderung dringend nötig. Es wird nicht ausreichend erkannt, wie heilig die Wahrheit für die heutige Zeit ist, aber die Veränderung, die wir brauchen, ist eine Veränderung des Herzens. Sie kann nur bewirkt werden, wenn jeder einzelne von uns persönlich Gott um seinen Segen und um seine Kraft bittet, wenn er darum betet, dass seine Gnade über uns kommen und unseren Charakter umwandeln möge. Das ist die Veränderung, die wir heute brauchen. Wir sollten in aufrichtigem Eifer all unsere Kraft und Ausdauer einsetzen, um diese Veränderung zu erleben. Wir sollten ehrlich interessiert fragen: „Was muss ich tun, um gerettet zu werden?“ Wir müssen einfach wissen, welche Schritte uns in den Himmel führen.

Wir werden davor gewarnt, Daten festzusetzen

Christus teilte seinen Jüngern Wahrheiten mit, deren Bedeutung, Inhalt und Wert sie kaum verstanden, geschweige denn zu schätzen wussten. Das Volk Gottes befindet sich heute in der gleichen Lage. Auch wir haben die Größe und Schönheit der Wahrheit, die Gott uns heute anvertraut hat, nicht begriffen. Gäbe es Fortschritte in unserem geistlichen Wissen, so würden wir erleben, wie sich die Wahrheit auf eine Art und Weise entfaltet, von der wir uns nicht hätten träumen lassen. Sie wird sich aber niemals so entfalten, dass wir uns einbilden dürften, wir könnten „Zeit oder Stunde … wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat“. Immer wieder bin ich davor gewarnt worden, Daten festzusetzen. Das Volk Gottes wird niemals wieder eine Botschaft erhalten, die auf Zeitberechnungen beruht. Wir sollen den Zeitpunkt weder für die Ausgießung des Heiligen Geistes noch für die Wiederkunft Christi wissen.

Bevor ich zu dieser Versammlung kam, stöberte ich in meinen Schriften. Ich wollte sehen, was ich mit nach Australien nehmen könnte. Dabei fand ich einen Umschlag, auf dem stand: „Zeugnis zum Thema Festsetzen von Daten, vom 21. Juni 1851. Sorgfältig aufbewahren.“ Ich öffnete den Umschlag und fand folgende Zeilen:

„Abschrift einer Vision, die der Herr Schwester White am 21. Juni 1851 in Camden, New York, gab:

Der Herr zeigte mir, dass die Botschaft verbreitet werden muss und dass wir sie nicht an einem bestimmten Zeitpunkt aufhängen dürfen. Ein Zeitpunkt wird nie wieder Prüfstein für uns sein. Ich sah, dass manche Leute in unsinnige Aufregung geraten, weil ihnen ein bestimmtes Datum gepredigt wird. Ich sah auch, dass die Botschaft des dritten Engels ganz gut auf eigenen Füßen stehen kann und keiner Stütze durch Festlegung eines Zeitpunktes bedarf. Diese Botschaft wird sich mit Macht ausbreiten, ihr Werk tun und dann plötzlich in Gerechtigkeit ihr Ende finden.

Ich sah, dass manche ihr ganzes Leben auf diesen Herbst ausrichteten. Sie stellten ihre Berechnungen an und verkauften ihren Besitz auf dieses Datum hin. Ich sah, dass das aus folgendem Grund falsch war: Anstatt täglich zu Gott zu gehen und ihn aufrichtig zu fragen, was im Augenblick ihre Pflicht ist, haben sie nur die Zukunft im Auge. Sie stellen Berechnungen an, als ob sie wüßten, dass das Werk in diesem Herbst beendet würde, und ohne täglich zu fragen, was Gott von ihnen erwartet. E.G. White

Abgeschrieben in Milton am 29. Juni 1851, A.A.G.

Auf dieses Dokument bin ich am letzten Montag gestoßen, als ich meine Schriften durchschaute. Hier ist noch ein weiteres, das wegen eines Mannes geschrieben wurde, der 1884 einen Zeitpunkt festlegte und seine Argumente weit verbreitete, um seine Theorien zu beweisen. Auf der Zeltversammlung in Jackson (Michigan) wurde mir berichtet, was er tat, und ich sagte den Leuten, sie bräuchten die Theorie dieses Mannes nicht zu beachten. Das Ereignis, das er voraussagte, würde nicht stattfinden. Tag und Stunde hat der Vater in seiner Macht bestimmt. Warum hat Gott uns den genauen Zeitpunkt nicht wissen lassen? — Weil wir keinen richtigen Gebrauch von diesem Wissen machen würden. Gott arbeitet daran, seine Kinder darauf vorzubereiten, dass sie am Tag des Herrn bestehen können. Wenn wir Zeit und Stunde wüssten, hätte das Folgen, die dieses Werk stark verzögern würden. Wir sollten uns nicht wegen eines bestimmten Zeitpunkts in Erregung versetzen lassen. Wir sollen uns nicht mit Spekulationen über Dinge befassen, die Gott uns nicht offenbart hat. Jesus hat seinen Nachfolgern aufgetragen, zu „wachen“, aber er hat nicht von einem bestimmten Zeitpunkt gesprochen. Seine Nachfolger sollen auf die Befehle ihres Herrn lauschen. Sie sollen wachen, warten, beten und arbeiten, während der Zeitpunkt der Wiederkunft des Herrn näherrückt. Aber niemand wird vorhersagen können, wann genau es soweit sein wird, denn „von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand“. Matthäus 24,36. Ihr werdet nicht sagen können, dass er in einem, in zwei oder in fünf Jahren kommen wird. Ihr dürft seine Wiederkunft aber auch nicht einfach auf die lange Bank schieben und sagen, in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren könne er bestimmt noch nicht kommen.

Haltet eure Lampen bereit, lasst sie brennen

Gottes Volk hat die Pflicht, seine Lampen bereitzuhalten und sie brennen zu lassen. Sie sollen auf den Bräutigam warten, der von der Hochzeit zurückkehren wird. Ihr könnt es euch nicht leisten, durch Missachtung der großartigen Erlösung, die euch geschenkt werden soll, auch nur eine Sekunde zu verlieren. Die Gnadenzeit geht ihrem Ende entgegen. Täglich wird das Schicksal einzelner besiegelt. Wir wissen nicht einmal, wann der eine oder andere der hier Versammelten seine Augen für immer schließen und in sein Leichenhemd gehüllt werden wird. Wir sollten jetzt daran denken, dass unser Leben rasend schnell vorübergeht, dass wir keinen Augenblick sicher sind, wenn unser Leben nicht mit Christus in Gott verborgen ist. Es ist nicht unsere Aufgabe, nach einer besonderen Zeit auszuschauen, zu der etwas Besonderes für uns getan werden soll, sondern wir sollen in die Welt hinausgehen und sie warnen. Wir sollen Zeugen Christi sein in aller Welt.

Um uns herum leben zahllose junge, verstockte, unbekehrte Menschen. Und wir? Was tun wir für sie? Ihr Eltern, in euch brennt noch das Feuer der ersten Liebe, bemüht ihr euch um die Bekehrung eurer Kinder? Oder seid ihr so mit den Dingen dieses Lebens beschäftigt, dass ihr euch nicht ernstlich darum bemüht, mit Gott zusammenzuarbeiten? Seid ihr aufgeschlossen für das Wirken und den Dienst des Heiligen Geistes? Ist euch klar, dass der Heilige Geist das Mittel ist, durch das wir die Menschen um uns herum erreichen sollen? Werdet ihr nach dieser Versammlung von hier fortgehen und die dringlichen Aufrufe, die an euch ergangen sind, einfach vergessen? Werdet ihr die Warnungen in den Wind schlagen? Wird es der Wahrheit, die ihr gehört habt, genauso ergehen wie dem Wasser, das aus einem gesprungenen Gefäß ausläuft?

Der Apostel sagt: „Darum sollen wir desto mehr achten auf das Wort, das wir hören, damit wir nicht am Ziel vorbeitreiben. Denn wenn das Wort fest war, das durch die Engel gesagt ist, und jede Übertretung und jeder Ungehorsam den rechten Lohn empfing, wie wollen wir entrinnen, wenn wir ein so großes Heil nicht achten, das seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn und bei uns bekräftigt wurde durch die, die es gehört haben? Und Gott hat dazu Zeugnis gegeben durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten und durch die Austeilung des heiligen Geistes nach seinem Willen.“ Hebräer 2,1-4.

Die Botschaft des dritten Engels wird zu einem lauten Ruf, und ihr dürft euch nicht frei fühlen, eure augenblickliche Aufgabe zu vernachlässigen. Liebäugelt nicht mit der Vorstellung, irgendwann in der Zukunft einen großen Segen zu empfangen und eine wunderbare Erweckung zu erleben, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen. Heute sollt ihr euch selbst Gott übergeben, damit er euch zu Gefäßen machen kann, die ihm Ehre bereiten und geeignet sind für seinen Dienst. Heute sollt ihr euch selbst Gott übergeben, damit er euch von eurem Ich, eurem Neid, eurer Eifersucht, eurem Argwohn, eurer Streitsucht, überhaupt von allem befreien kann, das ihm Schande macht. Heute sollt ihr euch reinigen lassen, damit ihr bereit seid, den himmlischen Tau und den Spätregen zu empfangen. Denn der Spätregen wird kommen, und Gottes Segen wird jeden erfüllen, der von allem Schmutz gereinigt ist. Heute ist es unsere Aufgabe, uns ganz und gar Christus anzuvertrauen, damit er uns bereit macht für die Zeit der Erquickung durch die Gegenwart unseres Herrn, bereit für die Taufe mit dem Heiligen Geist. The Review and Herald, 22. März 1892.

Ellen G. White Estate
Washington, D.C.
März 1962, Überarbeitet: Januar 1990
übersetzt im Oktober 2016

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